Kunstsammlungen Chemnitz – Florence Thurmes folgt Frédéric Bußmann

Daniel Thalheim

Im Sommer 2023 verkündeten die Kunstsammlungen in Chemnitz den Weggang ihres Generaldirektors Frédéric Bußmann. Er nimmt seither in der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe den direktoralen Posten ein. Seine Nachfolgerin in Chemnitz ist seit vergangenen Herbst Florence Thurmes. Sie war von 2016 bis 2023 Leiterin der Abteilung Programm der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Die Luxemburgerin studierte in Frankreich Kunstwissenschaften, promovierte und war als Kuratorin in verschiedenen Sammlungen tätig.

Ihr Anliegen in Chemnitz ist laut einem Vorstellungsschreiben vom 11. Januar 2024, den Verbundgedanken der Kunstsammlungen Chemnitz zu stärken, gleichzeitig auch die Profile der einzelnen Museen des Chemnitzer Kunstsammlungsverbundes zu schärfen. „Gemeinsam mit dem Team möchte ich … Themen herausarbeiten, zu denen die einzelnen Häuser gemeinsame Veranstaltungen oder Projekte entwickeln können“, heißt es weiter. Der regionale Bezug will ihr zufolge künftig stärker im Fokus in der Arbeit der Kunstsammlungen stehen. Schlaglichter werden künftig auf regionale Künstlerbiografien wie bspw. Hans Carl von Carlowitz, Karl Schmidt-Rottluff und Henry Van Der Velde geworfen. Das Brennglas wird sicher auch auf die Zeit zwischen 1945 und 1990 gehalten, denn mit der künftigen Ausstellung Vier Frauen. Vier Lebensläufe stehen Fotografinnen im Mittelpunkt, die in der Zeit der DDR gewirkt haben. Auch eine bereits seit dem 13. Januar 2024 stattfindende Ausstellung zum Designer Antoni Tápies bildet den Auftakt zum Ausstellungsjahr 2024. Großen Zulauf werden sicher die Ausstellungen über die Sammlung von Jürgen Brinkmann zum expressionistischen Künstler Friedrich Heckel und die Expressionistin Hanna Bekker vom Rath erfahren.

Antoni Tàpies zum 100. Geburtstag
13. Januar 2024 – 7. April 2024


Vier Frauen. Vier Lebensläufe

11. Februar 2024 – 9. Juni 2024

Einen Gruß vom Artefakte Hauptblog

Artefakte wirft auch Blicke auf Ausstellungen über die sächsische bzw. mitteldeutsche Region hinaus. In Norwegen, Schweden und Frankreich ist 2024 eine sehr interessante Ausstellung zu sehen.

Neue Grundschule im Leipziger Osten – Eilenburger Bahnhof wandelt erneut sein Antlitz

Daniel Thalheim

Leipzig baut. Wer 2023 von der Prager Straße zur Dresdner Straße fuhr, wurde einer neuen Baustelle gewahr. Auf dem Gelände des ehemaligen Eilenburger Bahnhofs, heute Lene-Voigt-Park genannt, wurde ein ehemaliges Bahnhofsgebäude entkernt bis nur die Außenhaut des einstigen spätklassizistischen Gebäudes stehen blieben. Es wurde gewühlt, gebaggert, gesichert und nun wieder aufgefüllt. Leipziger sollten genauer hinschauen, was hier passiert. Hier entsteht was neues. Die Wilhelm-Busch-Grundschule soll hier ein Zuhause finden.
Dieses Gelände ist, wie andere Gegenden, Regionen und Landschaften, ein Prägestempel der Industrialisierung und der verschiedenen politischen Systeme in Deutschland. Im Kaiserreich als Personenbahnhof für den Nahverkehr genutzt, später unter den Nazis ein Umschlagplatz für Zwangsarbeiter_Innen und ein Polizei- sowie Ausländergefängnis und in der DDR eine Barackenbrache mit Kindergarten, IT-Firma und wildem Bewuchs, ist an dieser Schnittstelle zwischen den Stadtteilen Reudnitz und Thonberg ein Naherholungspark entstanden.
Seit 1997 folgt die letzte Etappe einer bis 2026 anhaltenden Revitalisierungsserie, die einem Marathon gleicht.

Leipzig, Eilenburger Bahnhof, Entwurf, Aufriss der Hauptfassade mit Bezeichnungen, Richard Steche, um 1875. Feder, Pinsel in Wasserfarbe/Papier. 34,2 x 100,7 cm. Bez.: „HAUPTANSICHT (abfahrt) EMPFANGSGEBAEUDE LEIPZIG“ und unten rechts „Eilenburger Bahnhof“ (Bleistift, sekundär). Quelle: Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication.

Was der Eilenburger Bahnhof einst war

Als in Leipzig die Industrie zu brummen anfing, vernetzte die Stadt sich mit den eisernen Adern der Eisenbahn. Der Eilenburger Bahnhof wurde 1874 als einer von fünf Bahnhöfen in der Messestadt errichtet. Von hier aus rollte der Personenverkehr ins Leipziger Umland und vor allem, wem wundert‘s, über Taucha nach Eilenburg. Zwei Jahre dauerte damals der Bau des Bahnhofgebäudes mit dazugehörigen Lokschuppen, Güterbahnhof und Gleisanlagen. Der Architekt, Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Richard Steche (1837-1893) entwarf das lang gestreckte Bahnhofsgebäude im Sinne des Spätklassizismus. Der Backsteinbau maß 150 Meter in der Länge und in der Breite 15 Meter. Der Nah- und Güterverkehr auf diesem Bahnhof hielt bis in den Zweiten Weltkrieg an bis er von Fliegerbomben 1942 gänzlich zerstört wurde. Das Bahnhofsgebäude diente von 1939 an bis 1942 zu diesem Zeitpunkt als Polizeigefängnis, Städtische Arbeitsanstalt und Durchgangslager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Bis heute fehlt an der Stelle des heutigen Lene-Voigt-Parks eine Erinnerungsstätte für die schreckliche Zeit der Nazi-Herrschaft. Das Thema Zwangsarbeit reichte tief in die städtische Gesellschaft Leipzigs hinein und wurde v.a. in der DDR-Zeit verschwiegen. Von Bahnhöfen wie diesen fanden unter den Augen der Leipziger Bevölkerung neben den Transporten von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern auch Transporte in die Konzentrations- und Vernichtungslager statt.

Eilenburger Bahnhof, Ansicht von 1905. Quelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig.

Was der Lene-Voigt-Park sein soll

In der DDR zuckelten offiziell bis 1973 von kleinen Diesel- und Dampflokomotiven gezogene Güterwaggons in den noch vorhandenen Teil des Bahnhofs an der Riebeckbrücke. Teilweise wurden noch bis in die frühen 1980er Jahre kleine Transporte gesichtet. Ab 1974 wurden große Teile für den Bau von Baracken freigegeben, in denen u.a. eine Kindertagesstätte und ein IT-Zentrum bis 1990 ihr Zuhause fanden. Ab den 1990ern verwilderte die Industriebrache bis 1997 in der Leipziger Ratsversammlung die Revitalisierung des zehn Hektar großen Abschnitts zum Lene-Voigt-Park beschlossen und Stück um Stück in die 2000er Jahre umgesetzt wurde und bis 2026 mit dem Bau der Wilhelm Busch Grundschule fortgesetzt wird. Heute dient der Freizeitpark als Ort für sportliche aktive Menschen, bzw. für Menschen, die an diesem Fleck sich erholen möchten.

Wo heute noch die Außenmauern eines ehemaligen und denkmalgeschützten Güterabfertigungsgebäudes aus gelbem Backstein stehen, wird eine fünfzügige Grundschule entstehen. Seit Sommer 2023 finden hier umfangreiche Bauarbeiten statt. Die Wilhelm-Busch-Grundschule soll für 616 Schülerinnen und Schüler Entfaltungsmöglichkeiten bieten, wozu u.a. eine wettkampftaugliche Sechsfeldsporthalle mit 199 Zuschauerplätzen und Sport- und Freiflächen dienen sollen. Zum Jahresbeginn 2026 können die die Grundschüler sowohl Schule als auch Sporthalle eifrig nutzen. Barrierefreiheit wird integraler Bestandteils des Neubaus sein. Die Außenmauern des einstigen denkmalgeschützte Backsteingebäude Güterabfertigungsgebäudes mit Küche, Speisesaal und Mehrzweckraum wird künftig wohl auch für außerschulische Zwecke genutzt werden. Die Dachflächen aller Neubauten werden begrünt. Auch eine neue Kindertagesstätte soll hier entstehen.
Rund 57 Millionen Euro soll der Neubau kosten, von denen etwa 14,5 Millionen Euro aus dem Förderprogramm „Schulinfrastruktur“ kommen. Mit den planenden und ausführenden GMP Architektenbüro hat die Stadt Leipzig sich erfahrene Leute ins Boot geholt, die mit ihren Planungsentwürfen und ausgeführten Bauwerken weltweit klassische Moderne im Gefüge städtebaulicher historischer Kontexte stehen sehen, wie u.a. die Stadthalle in Magdeburg, das Gebäude des China Klubs in Berlin, das Kulturzentrum in Alsdorf, das Springer Quartier in Hamburg, das Neue Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen, das Parkhaus in der Hamburger Speicherstadt und das Steigenberger Hotel auf der Fleetinsel in Hamburg.

Wilhelm Busch Grundschule auf der Seite der Stadt Leipzig

GMP Architekten mit dem Schulneubau

Zum Thema Zwangsarbeit auf dem Eilenburger Bahnhof

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Malerei mit melancholischer Kraft – Spätexpressionismus und Sachlichkeit in der Kunsthalle Talstraße

Daniel Thalheim

Wenn wir über Expressionisten reden, blenden wir die Entwicklungen in der Malerei nach der Machtergreifung der Nazis aus. Die Kunsthalle Talstraße in Halle/Saale zeigt bis Ende Februar 2024 verschiedene Positionen, wie klar und kraftvoll expressionistische und sachliche Positionen in Mitteldeutschland vertreten und bis in die Zeit der DDR beibehalten wurden.

Die Ausstellung ist eine Hommage an die Kunstgeschichte der späten Klassischen Moderne. In der aktuellen Ausstellung Die Kraft der Melancholie – Alexander Camaro und Seelenverwandte zeigen die Ausstellungsmacher der Kunsthalle Talstraße seit dem 3. November 2023 bis zum 25. Februar 2024 Werke von Alexander Camaro (1901-1992), Hermann Bachmann, Kurt Bunge, Karl Hofer, Horst Strempel und vielen weiteren Malern, dass die Merkmale des Expressionismus‘ und der Neuen Sachlichkeit auch nach der Nazizeit von (mittel)deutschen Künstlern weitergetragen und ausgefüllt wurden. Im Spannungsfeld des künstlerischen Aufbruchs nach Nachkriegsjahre taucht v.a. der aus Schlesien stammende Alexander Camaro auf.

Camaros Schaffen wird als ein Sonderfall bezeichnet, weil er – zumindest im westlichen Teil Deutschlands – entgegen den aus den USA schwappenden Trend der ungegenständlichen Malerei bei seiner gegenständlichen Position blieb, die von dem Kunstkritiker Anthony Thwaites 1961 leicht toxisch als „interessante Ausnahme, ein disinguiertes Überbleibsel“ beschrieb.

Unverständlich aus heutiger Sicht. Denn was Thwaite verkannte, ist ein großes „Überbleibsel“, wenn nicht sogar ein Vermächtnis der Klassischen Moderne, die uns mit der aktuellen Schau in Halle/Salle vor die Augen geführt wird. Das Kunstmuseum Moritzburg in Halle/Saale erwarb bereits 1947 ein Gemälde aus Camaros Werkschaffen. In dieser Zeit gelangten auch weitere Arbeiten von Horst Strempel, Werner Heldt, Curt Lahs und Karl Hofer in die Sammlungen der Moritzburg und bilden seitdem innerhalb dieser Sammlung einen melancholischen Kern, wie der Kunstverein Talstraße in seiner Ausstellungsankündigung beschreibt.

Von der surrealistischen Badewanne zur Kunstprofessur

Alexander Camaro steht in der Traditionslinie des Expressionismus. Als Schüler des Expressionisten Otto Mueller (1874-1930) studierte er in Breslau das Handwerk der Malerei. Er begann auch Tanz zu studieren, setzte bis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs sein tänzerisches Schaffen fort. Dann wurde er als Unterhaltungskünstler für die Frontabschnitte in der Nord- und Ostfront eingesetzt bis auch diese Möglichkeit dem Waffendienst fernzubleiben wegfiel. Mit seiner Waffendienstverpflichtung 1944 floh er von der Fahne und tauchte im Dorf Stecklenberg nahe Gernrode unter. Dort lernte er die Maler Curt Lahs (1893-1958) und Mac Zimmermann (1912-1995) kennen, und auch den Sammler Hermann Klumpp (1902-1987). Jener Sammler betreute damals in seiner Wohnung das Werk des Bauhaus-Künstlers Lyonel Feininger (1871-1956). Camaro wandte sich wieder der malerischen Arbeit zu.

In Berlin setzte Camaro nach dem Zweiten Weltkrieg seine malerische Arbeit fort und blieb der figürlichen Linie treu. Schnell entwickelte er sich zu einem beliebten Künstler in den Besatzungszonen West-Berlins. Ende der Vierzigerjahre gründete er gemeinsam mit anderen Künstlern die surrealistische Künstlergruppe Die Badewanne, betätigte sich u.a. auch als Pantomimekünstler. Mit seiner ersten Ausstellung in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone, in Halle/Saale, wurde Camaro auch in Mitteldeutschland als Maler sichtbar. Doch sein künstlerischer Schwerpunkt lag in Berlin der Nachkriegsjahre. Er trat 1950 dem wiedergegründeten Deutschen Künstlerbund bei, erhielt 1951 eine umfassende Ausstellung in Berlin und erhielt im selben Jahr den Berliner Kunstpreis der Akademie der Künste. 1952 wurde Camaro zum Kunstprofessor an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin berufen.

Seine schwermütige malerische Position unterbrach er eine mit ungegenständlicher und abstrakten Arbeiten bis er wieder zur figurativen, erzählerischen Malweise zurückkehrte. Sein Schaffen geriet im Laufe der Zeit aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit. Umso schöner ist es, seine Position zusammen mit gleichwertigen und hochqualitativen Arbeiten weiterer Künstler aus der Aufbruchsphase Nachkriegsdeutschlands in Halle/Saale zu erleben. Mit dieser Schau setzt der Kunstverein Talstraße seine Linie fort, sich tief in die Geschichte der Klassischen Moderne Mitteldeutschlands einzugraben und immer wieder – auch im Einklang mit der Moritzburg – künstlerische Schätze ans Licht zu holen.

3. 11. 2023 – 25. 2. 2024  | KUNSTHALLE

Die Kraft der Melancholie. Alexander Camaro und Seelenverwandte.

Eine Ausstellung mit Werken von Alexander Camaro, Werner Heldt, Karl Hofer, Hermann Bachmann, Horst Strempel und anderen.

Zur Ausstellungsseite des Kunstvereins Talstraße

Mitteldeutsche Zeitung mit einem kleinen Einblick in die Ausstellung

Fallen out of memories – Yim Young Ju shows urban landscapes with new exhibition at Galerie Potemka

Lu Potemka & Daniel Thalheim

In the exhibition „Memoryscape“ Yim Young Ju shows landscapes – the urban as well as the rural space. The starting point of the series is a „moon settlement“ in Incheon. Moon settlements are similar in appearance to German allotments, only without any vegetation to speak of. Basically, they are ghettos. The connotation with a rapid crime rate in the moon settlements, however, is not comparable with that of Germany: „I landed in Gwangju, in search of an artist supply store by chance in a moon settlement. There were hardly any people to be seen. I approached the first person I met and asked for an artist supply/frame maker (the man spoke no English, I spoke no Korean), I described what I was looking for with my hands and feet and, in doubt whether he had understood me correctly, was led to another place in the moon settlement. There I was introduced to another man, also with no knowledge of English, who again took me to another spot and so it went two more times. Neither of them could speak English and with each change of person and the way that went with it, I found it harder to find my way around. The matter began to get queasy. Finally I landed at the other edge of the moon settlement with a carpenter who could help me. These helpful men had understood what I was looking for and gave me their time, knowing that I would never find the carpenter alone. They were very courteous and polite people. I observed on this „excursion“ that many people in the Moon Settlement were doing crafts and repairs, and artists had their studios in and around the Moon Settlements, and unlike the (richer) neighborhood where my hotel was located, many elderly people also lived in the Moon Settlement.“

The Trauma of Satellite Cities

But back to Yim Young Ju. In the seventies, when he was a child, there were many workers living there, because South Korea was still a poor country. His parents both went to work in the city during the day. Yim Young Ju was left to his own devices and grew up with other children in the yards of the Moon Settlement. The places shown in the paintings are therefore personal, experienced and remembered places, „internalized places of human experience,“ as he himself describes it, where past and present coexist. In these residential areas exist absolute systems with their own rules, which he captures visually. He saw parallels to this in Lößnig, a Leipzig neighborhood that was his first stop in life in Leipzig. In the prefabricated buildings he found there, he draws a line to his life experiences in the Mondsiedlung, and this also made the urban landscape of Lößnig, as a German fringe society, attractive to him as pictorial content. Here, completely different levels of interpretation play their roles. In the forward-looking style of real existing socialism, housing estates in cities such as Leipzig, Berlin, Magdeburg, Karl-Marx-Stadt and Rostock were regarded as the highest urban planning and socio-social goal to be achieved in order to offer working people prosperity. If we already know these urban developments from the social-reform ideas of the late 18th and early 19th century. Within this historical framework, we know that these settlements provide and allow to develop their very own structures, up to the dystopia of exclusion, physical and psychological violence and escalation – the best example is given by the incidents in Rostock-Lichtenhagen, where Vietnamese guest workers were attacked and injured in their living quarters in a prefabricated housing estate in Rostock-Lichtenhagen by a mob radicalized by right-wing extremist ideas. The musicians of the British pop band Depeche Mode also describe their origins in a poverty-stricken satellite town near London as dreariness, as an experience of violence and filled with a coldness of feeling.
Yim Young Ju’s depictions of the landscape, however, are not about judgment. Marginalized societies exist in different milieus and institutions. Michel Foucault has assigned them the concept of „heterotropy,“ and the visualization of this is what the entire „Memoryscape“ cycle is about. Yim Young Ju selects according to the premise of whether a motif was part of his life or is part of his experience. He writes: „Heterotropy, to me, is different things that coexist in one place and can be interpreted ambiguously. We can’t (grasp) all these levels at the same time – but that’s what makes us human.“

Who is the artist?

Young Ju Yim was born in 1972 in Incheon, South Korea. He has lived and worked in Leipzig and Berlin since the early 2000s. He already studied B.F.A. Fine Art Education at IN HA University in Incheon from 1993 to 1998. From 2004 to 2009 he studied painting with Prof. Sighard Gille and Prof. Annette Schröter at the Academy of Visual Arts in Leipzig. Since then he has been working as an independent artist.
Yim Young Ju’s paintings reflect his personal worlds of experience in a very poetic way. The contexts he draws on often relate to social, philosophical and even religious issues. He takes on the role of an observer, i.e. instead of brutely shouting out the primal reasons of life, he remains genteel in his artistic presentation, without omitting anything, without concealing what he has experienced. His two-world experience plays a supporting role both in his pictorial language and in his choice of subjects.

Yim Young Ju
Memoryscape

Malerei 

Vernissage 6.10.2022

Ausstellung 7.10. – 17.12.2022

Galerie Potemka

Aurelienstr. 41

04177 Leipzig

Leipzig um 1900 – Die STIGA 1897

Was eine Industrieausstellung über eine Stadt aussagt

Daniel Thalheim

Als 1897 die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung stattfand, befand sich Leipzig immer noch im Aufwind der Industrialisierung. Durch Eingemeindungen, Neusiedlungen und Zuwanderungen stieg die Messestadt in den Jahren nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 zu den bevölkerungsreichsten Städten im damaligen Deutschland auf, bis sie vorm Ersten Weltkrieg die halbe Million und 1930 die Marke von 700.000 Einwohnern überschritt. Industrie und Gewerbe ließen Leipzig im 19. Jahrhundert zu einem wichtigen Wirtschaftsstandort entwickeln. Bereits im frühen 19. Jahrhundert begann die Entwicklung Leipzig von einem reinen Messe- und Handelszentrum hin zu einem der führenden Industriezentren in Mitteldeutschland, auch aufgrund der seit den 1830er Jahren eingerichteten Eisenbahnfernverbindungen mit seinen verschiedenen Bahnhöfen, die nach 1900 – bis auf den Eilenburger und den Bayrischen Bahnhof – zum Hauptbahnhof zusammengefasst worden sind. Hinzu wurden Ansiedelungen von metallverarbeitendem Gewerbe, chemischer Industrie, Textilverarbeitung, Baugewerbe, polygraphischem Gewerbe und Maschinenbau entwickelt. 

Vorläufer zur vielleicht letzten Industrie-Ausstellung dieses volkstümlichen Charakters fanden bereits in den 1830er Jahren in München, in den 1850er Jahren in London und in Leipzig statt. Eine Kunst- und Gewerbeausstellung ist für Leipzig aus dem Jahr 1879 überliefert. Vorm Hintergrund der großen Weltausstellungen in London und Paris betrachtet, mutet die STIGA von 1897 fast schon wie ein provinzieller Zwerg an. Der Schein täuscht; mag die STIGA vielleicht den ganz großen Playern nicht den Rang streitig gemacht haben, so strahlte die Leipziger Schau regional aus. Nicht zuletzt um die Werbetrommel für Leipzig als Wirtschaftsstandort zu rühren.

In diesem Zusammenhang betrachtet ergibt es Sinn, dass 1897 in Leipzig die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung im großen Stil durchgeführt wurde. Die bereits 1894 der Öffentlichkeit vorgestellte Ausstellung bildete mit seinem robusten Charakter ungefähr das ab, was Leipzig als aufstrebender und expandierender Industriestandort aus Sicht der Organisatoren darstellen sollte; ein internationaler und moderner Knotenpunkt mit internationaler Prägung – und mit einer stark regionalen und nationalen Basis. Ihr ging in Erfurt 1894 eine Gewerbeausstellung ähnlichen Charakters voraus. Eine damals durchgeführte Umfrage stellte zudem aus Sicht der Organisatoren den Rang Leipzigs als Ausstellungsort für eine länderumfassende Gewerbe- und Industrieschau heraus, schon aufgrund der Leuchtturmfunktion Leipzigs als Industrie- und Gewerbeort. Doch aus was anderes fällt auf. Mit der Zusammenführung von anderen Bundesländern auf der STIGA 1897 erhebt Leipzig einen Anspruch auf eine gesamtdeutsche Perspektive. In Thüringen und Bayern fanden in den Jahren vor 1897 bereits erfolgreiche Industrieausstellungen und Gewerbeschauen statt. Der Leipziger Blick auf die gewerblichen und technologischen Entwicklungen schweift also weiter als sich nur auf Leipzig allein zu fokussieren.

Am 1. April 1894 konkretisierten sich die Pläne für eine große Industrieausstellung. Innerhalb eines Jahres sollte das Projekt STIGA stehen, was sich als illusorisch herausstellte. Aufgrund des hohen Pensums aus Organisation, Logistik und Realisierung entschieden die Organisatoren sich für 1897 als Austragungsjahr. 

Aus dem Ausstellungsführer 1897.

Einen anderen Anlass für die Verschiebung bildete der 400. Jahrestag der Verleihung des kaiserlichen Messeprivilegs für Leipzig als Reichsmesse durch den deutschen König und späteren Kaiser Maximilian I. (1458-1519). 

Ein weiterer Grund, warum Leipzig 1897 eine Gewerbeausstellung durchführen wollte, war die direkte Konkurrenz mit Berlin. In der Reichshauptstadt fand 1896 bereits eine große Gewerbeausstellung statt. Eine Mustermesse sollte folgen. In diesem Punkt stellte Leipzig 1895 seinen Messebetrieb von einer reinen Verkaufsmesse zur Mustermesse bereits um. Die Industrie- und Gewerbeausstellung von 1897 in der damals viertgrößten Stadt des Deutschen Reiches kann demnach als direkte Antwort auf die Berliner Gewerbeausstellung gesehen werden. In diesem Kontext lässt sich erahnen, wo und wie selbstbewusst Leipzig sich verortete.

Komitees und Fachausschüsse wurden gebildet. Geschäftsführend zeichneten sich Stadtrat Ludwig Heinrich Dodel, Kommerzienrat Ernst Mey, Fabrikbesitzer Otto Senig, Justizrat Ludolf Colditz, Stadtrat Max Ehmig, Kommerzienrat Ernst Kirchner, Stadtrat und Bankdirektor Max Messerschmidt, Stadtrat P. Schanz und Fabrikbesitzer Franz Waselewsky. 

Um das Ausstellungsprojekt zu realisieren wurde ein Garantiefonds ausgeschrieben, an dem die Öffentlichkeit teilnehmen konnte – mit Spenden. Über anderthalb Million Reichsmark Erlös erzielte die Sammlung. Die Stadtverwaltung überließ für die Ausstellung ein ca. 40 Hektar umfassendes Areal und zeichnete für den Garantiefonds eine Viertel Million Reichsmark. Der sächsische König Albert übernahm die Schirmherrschaft.

Im März 1895 erließ das Ausstellungskomitee ein Preisausschreiben für Baupläne für das Ausstellungsareal mit geeigneten Ausstellungsbauten. Schnell bildete sich eine Bauleitung aus Architekten, die um 1900 in Leipzig wirkten und für uns noch einige beeindruckende Bauwerke hinterließen. Darunter ist der namhafte Leipziger Jugendstilarchitekt Fritz Drechsler (1861-1922). Er schuf u.a. das Künstlerhaus Nikischplatz 1899, ein Thüringer Dorf für die STIGA 1897, sowie die Rathäuser in Schönefeld u. Paunsdorf 1904 u.1912, die Villa Seemann 1909 in Wächterstraße und an Ausstellungsgebäuden der Baufach-Ausstellung von 1913. Hans Enger (*um 1850 bis ca. 1920) wirkte in Leipzig in den Jahren von 1875 bis 1900. Er zeichnete sich u.a. für die Pläne der Neuen Börse und das Varieté auf der STIGA 1897 verantwortlich.  Heinrich Emil Franz Hannemann (ca. um 1855 – ca. 1904) wirkte von 1874 bis 1904 als Architekt in Leipzig und plante u.a. den Umbau des Hotels Fürstenhof 1889-1890. Der wenig beleuchtete Architekt August Hermann Schmidt (1858-1942) fand sich ebenfalls in der Planungsleitung der STIGA 1897 wieder. Ein Arthur Johlige (1857-1937) durfte auch nicht fehlen. Er war von 1888 bis1937 als Architekt und Baurat tätig. Er ist für seine Bauwerke Felsenkeller, Zill`s Tunnel, Centraltheater und das Konfektionshaus Franz Ebert bekannt. Heinrich Tscharmann (1859-1932, wirkte nach der STIGA 1897 v.a. in Dresden und plante in der Landeshauptstadt das Gebäude der Sächsische Staatskanzlei 1900-1904. 

Noch im selben Jahr fanden erste Vorarbeiten auf dem STIGA-Areal statt. Das Ausstellungsgebiet wurde in Abschnitte unterteilt, die um Länder Anhalt, Mark Brandenburg, Regierungsbezirk Liegnitz und drei fränkische Kreise des Königreichs Bayerns erweitert wurden.

Aus dem Ausstellungsführer 1897.

Wo fand die Ausstellung statt?

Der heutige Clara-Zetkin-Park würde ohne die STIGA 1897 wohl in dieser Form wie er uns sich jetzt präsentiert sich in einer anderen Gestalt zeigen. Das STIGA-Gelände erstreckte sich auf dem Areal das nach dem Abriss der Ausstellungsgebäude in den neu gestalteten König-Albert-Park und nach 1945 in den Clara-Zetkin-Park aufging. Das Ausstellungsgelände öffnete sich vom Haupteingang ausgehend vom heutigen Herzliya-Platz wo Karl-Tauchnitz-Straße, Edward-Grieg-Allee- und Beethovenstraße aufeinander stoßen. Mit dem Hauptweg, die heutige Anton-Bruckner-Allee, konnten die Besucher entlang des heute noch existierenden Wasserbassins mit seiner Wasserfontäne zu den Ausstellungsgebäuden flanieren. Auch der heute noch erhaltene Inselteich gehörte 1897 zu den Schaustücken der Ausstellung. Über die Sachsenbrücke gelangten die Besucher – den Planungen zufolge – auf das eigentliche Ausstellungsgelände mit u.a der großen Industrie- und Maschinenhalle mit ihren vielen eingefassten Firmen- und Gewerberäumen, der Ausstellungshalle der Stadt Leipzig, einer Nachbildung des Altleipziger Messviertels, dem Thüringer Dörfchen, einer von Franz Hannemann entworfenen Ausstellungshalle für hunderte ausstellende Maler, Bildhauer und Grafiker, einer Gartenhalle und einem Vergnügungsviertel. 

Aus dem Ausstellungsführer 1897.

Die Gebäude der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung

Neben den eigens zu ihrem Zweck errichteten Ausstellungsgebäuden beanspruchen Parkanlagen, Dorf- und Stadtnachbildungen, Plätze und Teiche einen Großteil des Areals. 

Über den Haupteingang, ein von zwei 40 Meter hohen flankierten und mit Wappen der teilnehmenden Bundesländer geschmückten Bauwerk gelangten die Besucher in den Kassenbereich. Außerhalb des vom Architekt Heinrich Tscharmann entworfenen und vom Leipziger Bildhauer Johannes Hartmann mit einer weiblichen Musenfigur geschmückten Bauwerks befand sich eine kostenpflichtige Unterbringungsmöglichkeit für Fahrräder. Im Eingangsgebäude befanden sich die Veranstalterbüros, Garderoben und Wachstuben.

Altleipzig

Um die Zeit um 1500 zu veranschaulichen erstreckte sich neben dem Haupteingang die kulissenartige sowie künstlerisch frei gestaltete Nachbildung des von Heinrich Tscharmann geplanten Altleipziger Messviertels rund um Naschmarkt und Auerbachs Hof. Damals war eine werkgetreue Nachbildung des Kernbereichs der Leipziger Altstadt im Jahr der Messebestätigung 1497 aufgrund fehlender archäologischer Befundung und historischer Überlieferung nicht möglich gewesen, heißt es im Ausstellungsführer von 1897. Die Organisatoren ließen die Situation um 1555 nachbilden. Daher wurde die 1551 begonnenen Neubildung der historischen und bald nach diesem Ereignis abgerissenen originalen Pleißenburg unter Kurfürst Moritz von Sachsen den Besuchern gezeigt. Gestalterisch wurden aus der Leipziger Altstadt ebenfalls nach freier Auswahl verschiedene Bauwerke und ihren Teilen historischen Vorbilden freizügig entlehnt und nachgebildet. Viele der historischen Vorbilder waren bereits schon damals Neubauten gewichen, wie das Beguinenhaus. Aus dem historischen Gebäude wurde auf dem Ausstellungsgelände eine Bierstube mit Ausschank der Brauerei Petrikowsky aus Oelzschau gemacht und als „Zum Alten Strohsack“ bezeichnet, um einen historischen Wert in der zum Potemkinschen Dorf verwandelten Altstadtkulisse zu veranschaulichen.

Aus dem Ausstellungsführer 1897.

An der Ausgestaltung des Auerbachs Hof hielten sich die Organisatoren und Architekten an historischen Stichen, um ein historisches Bild dieser Gegend wiedergeben zu können. Um tatsächlich das Flair vom Auerbachs Keller zu erhalten, mussten die Besucher sich doch am Original bemühen, denn statt des berühmten Lokals aus Goethes Verswerks „Faust“ befand sich in seiner Ausstellungskulisse 1897 eine Cognac-Brennerei aus Dresden mit Trinkstube. Wer den historischen Ausstellungsführer liest, erhält den Gedanken, dass den Ausstellungsmachern nicht daran gelegen war, die Altstadtsituation historisch getreu wiederzugeben, sondern den ästhetischen Wert verschiedener Bauwerke zusammenzuführen, um für eine klassische Eventgastronomie, wie z.B. für Cafés, Räume zu bieten. So geschehen auch in der Nachbildung des Alten Rathauses, wo eine Brauereistube mit Ausschank für Bamberger Bier, dem „Frankenbräu“, eingerichtet wurde.

Gas, Wasser, … Kunst

Neben der Kulissenstadt erreichten die Besucher die von Fritz Drechsler geplanten Gartenbauhalle, wo sie in nacheinander folgenden Gartenbauausstellungen von April bis September 1897 Briefmarken, Jagdtrophäen, Handarbeiten, Amateurfotografien bestaunen durften.

Die direkt sich an diesem Haus anschließende und von Franz Hannemann entworfene Kunsthalle beherbergte auf 2000 QM Grundfläche Kunstwerke von namhaften Malern, Bildhauern und Grafikern wie Hugo König (1856-1899), Fritz von Uhde (1848-1911), Max Klinger (1857-1920), Max Thedy (1858-1924), Curt Stöving (1863-1939), Anton von Werner (1843-1915), Hugo Vogel (1855-1934), Carl Köpping (1848-1914), Friedrich Preller d.J. (1838-1901) u.v.a.m.

Im Gebäude selbst konnten die Kunstinteressierten eine Sonderschau von Max Klinger bestaunen, der 1897 das damals Aufsehen erregende Bild „Christus im Olymp“ neben anderen Werken ausstellte. In der Industriehalle wurden Besucher der lebensgroßen Statue des Buchdruckers Johannes Gutenberg (um 1400 bis 1468) gewahr, von Josef Magr (1861-1924) geschaffen.

Die nach den Entwürfen von Hans Enger entstandene Textilhalle bot damals auf über zweitausend Quadratmetern Raum für die neuesten technischen Anlagen sowie für die damals gehandhabten Fabrikationsprozesse. In der Halle für Landwirtschaft, Sport und Hygiene wurden neben landwirtschaftlichen Maschinen, auch Geräte und Erzeugnisse aus der Fischereiwirtschaft und Honigproduktion gezeigt. Im sportlichen Bereich dominierten Jagd-, Schieß- und Fahrsport.

Die Halle für Gas- und Wasserwirtschaft fasste eine Ausstellung zu den städtischen Gasanstalten Leipzig ein, sowie die damals in Leipzig vertretene Thüringischen Gasgesellschaft. Neueste Apparaturen und Technik aus diesen beiden Wirtschaftszweigen wurden durch Vereine udn Firmen ebenfalls dem Publikum vorgestellt. Das schloss  auch die Gewerbezweige der Glasindustrie, der Eisenfabrikation, Verhüttung, Maschinenbau bis hin zur Badezimmereinrichtung mit ein. Vor dieser Halle befand sich ein Rundbau worin sich das Klinger-Gemälde „Kreuzigung Christi“ befand.

Aus dem Ausstellungsführer 1897.

Und das Kulinarische?

Vor den Augen des Publikums wurden in einem Privatpavillon der Fleischerei Nietzschmann-Wommer Fleisch- und Wurstwaren hergestellt, Verkostung und Verkauf inklusive. Die Gohliser Aktien-Brauerei beteiligte sich an den Verkostungen indem sie an die Besucher Bier zu ihrer Mahlzeit ausschenkte. Natürlich wurden auch in diesem Fleischereipavillon die neuesten Produktionsgeräte gezeigt.

In einem weiteren Pavillon stellte die königlich-sächsische Hofmundbäckerei Gerasch  Maschinen und Gerätschaften zur Herstellung von Brot, Brötchen, Kuchen und Gebäck vor.

Wie eine Stadtverwaltung werkelt

Die Ausstellungshalle der Stadt Leipzig bot Raum für die neuesten Bebauungspläne der städtischen Bauverwaltungen, insbesondere die Pläne des Stadtbaumeisters Hugo Licht, der sich für die Planungen und die ästhetische Gestaltungen des Grassi-Museums, des Neuen Rathauses, des Städtischen Kaufhauses, des Umbaus der Johannis-Kirche, Leipziger Markthalle, des Städtischen Museums, verschiedener Polizeigebäude, Kasernen in Möckern und eines Schlachthofs auszeichnete. Die Leipziger Verwaltungen zeigten welche Verwaltungsabläufe und -zweige und auf welche Weise sie getätigt wurden. So konnten bspw. Besucher sehen wie die Klassenzimmer der Leipziger Volksschulen ausgestattet waren, oder wie das statistische Amt Statistiken ermittelt. Die „exotische“ bzw. geschmäcklerische Rahmung bildete u.a. ein „Negerdorf“ mit Ostafrikaausstellung: Rassismus im Zuge des Kolonialismus war in den USA und in Europa um 1900 allgegenwärtig. Auch in Leipzig fanden „Völkerschauen“ bspw. im Leipziger Zoologischen Garten statt. Ein Rummelplatz lag damals, neben einem Café und anderen gastronomischen Einrichtungen, in erreichbarer Nähe zur Bantu-Siedlung und Ostafrikaausstellung auf dem Veranstaltungsgelände; der Schauwert glich damals einer Sensationskultur, die so tief im Bildungsbürgertum verankert war, wie die aufgewärmte Bockwurst in der Proletarierhand. Dem Geschmack sind offenbar keine Grenzen gesetzt gewesen. Ein Grund mehr, diese kolonialen und kulturellen Hintergründe stärker im Kontext zu beleuchten zu lassen anstatt sie zu verdrängen oder zu verbieten. Die Laufmeter an Literatur zum Kolonialismus in Europa werfen genug Material ab, das Thema nicht zu verleugnen oder zu verdammen.

Schauwert und Nachhaltigkeit

Sehen wir von den Ausstellungsmessen während der STIGA 1897 ab, war diese Schau vorrangig von Unterhaltungswerten geprägt; Nachbildungen von Burgen, Dörfchen, ein astronomischer Blick in die „blaue Kugel“, Lichtinszenierungen, Krystall-Palast-Variété, Spiegelkabinett, Rutschbahn, Bootsfahrten, Musik, ein von Carl Hagenbeck (1844-1913) nachgebildetes Eisweltpanorama mit Tieren und als Inuit verkleidete Tierpfleger, Ballonfahrten, eine Kneipenmeile, Tiroler Bergfahrt (wenigstens vorm gemalten Diorama vom britischen Maler Edward Theodore Compton (1849-1921)) und zur Schau gestellter Kolonialismus lockten das Publikum ebenso an wie die über 3000 Aussteller in den Hallen. 

Die Mischung aus Rummel und die künftige Ausgestaltung von Mustermessen war für die damaligen Menschen sicher ein Novum. Eine Neuerung war es auch, den technischen Fortschritt um 1900 anschaulich zu vermitteln. Ohne kulturelle Flankierung und rassistischem Menschenzoo ging es damals nicht, um die Menschen von den technischen Leistungen zu überzeugen, geschweige Besucher erst anzulocken. Wenngleich die Mustermesse als solches 1895 in Leipzig etabliert wurde, war die STIGA ein Monstrum aus Vergnügungspark und neuem Verständnis des Handels- und Industriebürgertums. Mit der offiziellen Etablierung der Mustermesse fielen Aufwand und Logistik für Verkaufswaren weg. Mit Mustern, also Beispielen der vorgestellten Produkte, wurde für die industriell erzeugten Geräte, Maschinen und Errungenschaften um Kundschaft geworben. Gerade im Hinblick auf die Entwicklung von technischen Geräten und Maschinen größerer Art erleichterte sich die Produktvorstellung immens, und der damit verbundene Verkauf.

Die STIGA 1897 sollte vorerst die letzte Veranstaltung dieser Größenordnung sein. Letztlich sollte die STIGA mit seinem kulturellen Rahmen die Laien zum Staunen bringen, wenn bspw. ein Fesselballon 500 Meter in die Höhe steigt und einen Blick über Leipzig und das Leipziger Land ermöglichte; für damalige Menschen mindestens genauso aufregend und neu wie der knapp ein Kilometer messende Wolkenkratzer Burj Khalifa im Emirat Dubai heute. Überlegen wir, dass das von Clément Ader von 1894 bis 1897 entwickelte und fledermausartige Flugzeug Ader Éole lediglich über den Boden hüpfte, muss eine Ballonfahrt eine Sensation für unsere Urgroßeltern gewesen sein. 

Letztlich sollte der technische Fortschritt der kommenden Jahre bis zum Kriegsausbruch 1914 die Bedeutung der STIGA merklich schwinden lassen bis es fast aus dem Gedächtnis der Leipziger verschwand. An ihrer Stelle traten die uns bekannten Mustermessen. Lediglich die Internationale Baufachmesse (IBA) 1913 und die Buchgewerbe- und Graphikmesse (BUGRA) 1914 bilden einen ähnlich spektakulären Rahmen wie die STIGA von 1897.

Bis die Betreiber des Leipziger Musikpavillons die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung von 1897 mit ihrer Recherchearbeit in ihrem Veranstaltungsmagazin 2017 wieder ans Licht holten, befand sich die Erinnerungskultur um die STIGA beinahe im Dornröschenschlaf. Im März 2022 gab das Stadtarchiv Leipzig bekannt, dass die Angaben zu den Akten zur Planung und Ausgestaltung des einstigen Vergnügungsparks mit Ausstellungscharakter im Internet frei verfügbar sind. Natürlich nicht die Dokumente selbst, die muss der Interessent schon vor Ort ordern und persönlich einsehen. In diesem Jahr wird der STIGA anlässlich ihres 125. Jubiläums von der Stadt Leipzig mit einer Webseite und verschiedenen Veranstaltungen, u.a. im Kunstkraftwerk und im Museum der bildenden Künste, bedacht. Im MdbK widmen sich die Kuratoren mit einem unbekannten Aspekt der Kunst um 1900; weibliche Künstlerinnen auf der STIGA Kunstausstellung. Das Forschungsfeld ist dahingehend noch mit weißen Flecken durchsetzt, sehen wir aber an einer Künstlerin wie Käthe Kollwitz, dass Frauen in der Wilhelminischen Epoche in der Lage waren, sich künstlerisch zu entfalten und zu emanzipieren.

Zur Informationsseite der Stadt Leipzig zur STIGA 1897.

Deutsches Fotomuseum – Ausstellung zeigt wie Italien vor 180 Jahren fotografisch entdeckt wurde

Daniel Thalheim

Seit knapp zweihundert Jahren existiert die Fotografie bereits schon. Was in der massenhaften Verbreitung von Schnappschüssen derzeit schmachvoll endet, begann in der Mitte des 19. Jahrhunderts hoffnungsvoll. Der Anspruch der ersten Fotografen ist das der heutigen auch; im klassischen Sinn Ästhetik und Realität zu einem würdigen Bild zu vereinen.

Die Fotografie als grafisches Mittel wurde als Erfindung am 19. August 1839 erstmals in Paris öffentlich bekannt gegeben. Aus diesem Anlass veranstaltet das Deutsche Fotomuseum in Markkleeberg bei Leipzig in diesem Jahr eine Ausstellungsreihe zum 180. Geburtstag der Fotografie. Zwei Sonderschauen gingen bereits über die Bühne. Die dritte Ausstellung zeigt Italienfotografien zwischen 1855 bis 1870 des deutsch-italienischen Fotografen Giorgio Sommer (1834-1914), des italienischen Vorreiters der Fotografie Giacomo Brogi (1822-1881), des italienischen Landschaftsfotografen Gioacchino Altobelli (1814-1878?) sowie zwölf weiteren Lichtbildnern aus der Zeit des Risorgimento, der Epoche der italienischen Einheitsbewegung, dem Zeitalter König Vittorio Emanuele II. und Giuseppe Garibaldis. 

Fotografia Bosetti, Kolosseum und Konstantinbogen, Rom, um1855 (Foto: Deutsches Fotomuseum, Presse 2022)

Was wurde damals dargestellt?

Die damaligen Fotografen orientierten sich an der klassischen Malerei. So hielten sie Alltagsszenen in den Städten und Gegenden fest, schufen aber auch anschauliche Porträtaufnahmen im Studio. An den italienischen Beispielen sehen wir, wie die Fotografen gewöhnliche Straßenszenen ein Bild vom Alltag der kleinen Leute vermitteln, sei es im Hafen von Genua wo dicht gedrängt die Segelschiffe liegen und Händler ihre Waren feil bieten. Wir sehen, wie dokumentarisch die Arbeiten die archäologischen Arbeiten am Forum Romanum und Pompeji zeigen. Die wichtigsten Bauwerke aus Antike und Renaissance sind zu sehen, lange bevor Touristenbusse und Menschenmassen den Blick zu verstellen begannen.

Die Fotografien gehören zu den ersten Aufnahmen, die von diesen Motiven überhaupt angefertigt wurden. Sie knüpfen an die Tradition der Stechkunst für die Reisealben im 18. Jahrhundert an. Auf diesen frühen fotografischen Vedutenbildern, den wirklichkeitsgetreuen Darstellungen einer Landschaft oder eines Stadtbildes, treten wegen den anfänglich langen Belichtungszeiten bewegte Objekte kaum in Erscheinung, erst mit zunehmender Lichtempfindlichkeit der fotografischen Materialien bevölkern sich die anfangs noch menschenleeren Motive mit Personen, bis allmählich der Mensch als Staffage zum bildbeherrschenden Gegenstand wird. 

Die damaligen Zeitgenossen nannten die ersten Fotografien einen mit der Erinnerung ausgestatteten Spiegel, für heutige Betrachter sind sie der Blick aus dem Fenster einer Zeitmaschine.   

Wer waren Gioacchino Altobelli, Giorgio Sommer und Giacomo Brogi?

Gioacchino Altobelli eröffnete Ende der Fünfzigerjahre des 19. Jahrhunderts mit seinem Freund, dem Maler Pompeo Molins (1827 – 1893) spanischer Herkunft, ein Atelier im Palazzotto Fausti in Rom. Die Drucke von Altobelli & Molins verwendeten das sogenannte Nass-Kollodium-Verfahren. Unten rechts auf dem Karton war oft der rote Atelierstempel eingraviert.
Ende 1865 trennten sich die beiden Künstler. Altobelli zog in ein Atelier (Premiato Stabilimento Fotografico di Enrico Verzaschi) in der Passeggiata di Ripetta, 16. Beide besaßen jedoch noch ein gemeinsames Lager (Magazzino Via del Corso 135a 136 Roma). Eine neue Firma wurde gegründet „Photographic Establishment Altobelli & Co.“ was zur Annahme führt, dass Atobelli mit anderen Fotografen zusammengearbeitet hat, wahrscheinlich einschließlich Enrico Verzaschi (wirkte als Forograf ca. von 1860 bis 1870, Lebensdaten unbekannt).

Der italienische Fotograf Giacomo Brogi wirkte seit Mitte der Sechzigerjahre des 19. Jahrhunderts. Er ist v.a. für seine Porträts wie dem italienischen Openkomponisten Guiseppe Verdi bekannt. Sein erstes Studio gründete er 1864 im Corso Tintori in Florenz. Brogi reiste zunächst oft und viel durch Italien, begann aber zusehends seinen Radius auf den Nahen Osten und Nordafrika auszudehnen. In Neapel, Rom und Florenz unterhielt er unterschiedliche Geschäfte, wo von aus er seine Fotografien verkaufte bzw. Aufträge entgegen nahm.

Giorgio Sommer ist eigentlich ein Deutscher, der wie viele andere deutschen Künstler nach Italien reiste, um dort zu bleiben. Der aus Frankfurt/Main stammende Fotograf ließ sich 1856 in Rom nieder, um zwei Jahre später in Neapel ein eigenes Atelier zu eröffnen. Seine Alltagsszenen bieten spannende Einblicke in das Leben der Menschen vor über 150 Jahren. Er dokumentierte ebenfalls den Ausbruch des Vulkans Vesuv 1872 und produzierte Repliken antiker Statuetten aus Pompeji und Herculaneum, den im großen Ausbruch im Jahre 79 untergegangenen Urlaubsorten und Städten. U.a. hielt er auch die Gipsabgüsse der in Pompeji verstorbenen Menschen fotografisch fest.

Beitragsbild oben: Gioacchino Altobelli, Via Appia Nuova und Aquädukt des Claudius, Rom, um 1855 (Deutsches Fotomuseum, Presse 2022)

180 Jahre Fotografie – Die Entdeckung Italiens

Sonderausstellung im Deutschen Fotomuseum Markkleeberg 

vom 1. Februar bis zum 12. Juni 2022

Deutsches Fotomuseum, 04416 Markkleeberg, Raschwitzer Straße 11,

täglich außer Montag von 13 bis 18 Uhr geöffnet.

Kunsthandwerklicher Reformstil – Die Kulturstiftung Leipzig will sich mit einer Ausstellung mit dem Design der Zwanzigerjahre auseinandersetzen

Daniel Thalheim

Seit Mitte November können kunsthistorisch Interessierte sich in die Ausstellungsräume der Kulturstiftung Leipzig begeben und sich mit den individuellen Positionen und Haltungen der Designer und Architekten der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen. Dabei dreht sich das Thema um die Frage, wie und wo der seit den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts eingeführte Begriff Art Déco zu verorten und zu definieren ist. Basis der Ausstellung bildet das 2019 veröffentlichte Buch „Art Déco – Architektur der Goldenen Zwanziger in Leipzig“ von Wolfgang Hocquél.

Das Design der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre wurde von einem Formen- und Erfindungsreichtum geprägt, der damals als „neu“, „absonderlich“ und „ausdruckshaft“ beschrieben wurde. Abstrahierte Spitzbögen, zackig ausgeführte Band-, Rauten- und Wellenmuster, überhöhte Farbigkeit und auf das Wesentliche herunter gebrochene Dekorformen an Fassaden und in Innenräumen und im Wohn- sowie Möbeldesign tauchten nach 1925 scheinbar plötzlich auch in Leipzig auf, und verschwanden ebenso schnell wieder. Das ist nicht ganz richtig. Die Metaebene wurde für das u.a. in Leipzig verbauten Designformen bereits vorm Ersten Weltkrieg europaweit gebildet.

Begriffsgeschichtlich ist „Art Déco“ ein Missverständnis und ein Marketingtrick. Wohingegen nach der Pariser Ausstellung zu den kunsthandwerklichen und industriell hergestellten Designformen („Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes“) 1925 sich das Design der Reformbewegungen nach 1890 bis zum Ersten Weltkrieg zu einem von Ostasien beeinflussten Modetrend im Bauen und Design der Zwanzigerjahre verbreitete und einflussgebend auch im handwerklichen Bereich u.a. auch in Deutschland erwies, wurde nach der Neuauflage der selben Ausstellung 1966 („Les Années 25 – Art déco, Bauhaus, Stijl, Esprit Nouveau“) der Begriff „Art Déco“ in den Umlauf gebracht. Eigentlich eine Verlegenheit, um zu beschreiben, was in den Zwanziger- und Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts geschah. Ein Quellenbegriff ist „Art Déco“ so gesehen nicht, wenngleich er sich von einem Part des Ausstellungstitel „L‘art décoratif“ ableitet, einer in Frankreich geläufigen Bezeichnung für kunsthandwerkliche Arbeiten allgemein, wie in England es mit „Arts & Crafts“ und im deutschsprachigen Raum für „Kunsthandwerk“ geläufig ist. Seit 1966 – u.a. ausgehend von einem Artikel des Journalisten Hillary Gelson – setzte sich „Art Déco“ zunächst im US-amerikanischen Raum durch, um die Designentwicklung in den USA zunächst zu beschreiben und um Rückgriffe auf europäische Trends im Fin-de-Síecle zu unternehmen. In den folgenden Jahrzehnten breitete sich der Begriff u.a. durch Publikationen von Norbert Wolf auch in Deutschland aus. Nach der Wiedervereinigung 1990 war „Art Déco“ eher noch als Flohmarktsbegriff für Gegenstände aus den Zwanzigerjahren üblich. Auch darüber vergessend wie individuell Designer und Handwerker Formen, Farben und Designs einsetzten und eklektisch mit anderen stilepochal zugeordneten Designs zusammenpackten und vermischten. So entstanden eigenwillige Mischungen aus vermeintlichem „Barock“ und sogenannter Moderne, schwer zuordenbar für zeitgenössische Beobachter. Begriffe wie „Jazz Age“, „Modern Rokoko“ und „Modern Style“ tauchen in den zeitgenössischen Magazinen und Diskussionen auf. Von der expressiven Versachlichung von Bauschmuckformen wie wir sie in den USA sehen können sind die in Leipzig verwendeten Designs jedoch weit entfernt.

Auch die Formulierung, dass die Materialverwendungen von edlen Metallen sowie Stoffen und qualitativ hochwertigen Verarbeitungstechniken samt Resultaten für das „Art Déco“ typisch wären, ist ein Allgemeinplatz, der für alle Zeitalter zurückgehend bis in die Bandkeramikkulturen vor 20.000 Jahren gelten könnte, frühestens in den antiken Hochkulturen Mesopotamiens und dem heutigen Staatsgebiet von Ägypten zu Tage traten. Zackig geformte Wellen- und Bandformen, expressive Farbigkeit, wertvoll verarbeitete Stoffe wie Bronze und Gold als eine Typologie für das „Art Déco“ zu beschreiben, täuscht über das Bestreben des Individuellen in der Klassischen Moderne hinweg. So verkennt man mit diesem Begriff die kreative Kraft der Handwerker und Kunsthandwerker, die aufgrund lockerer Bauregelungen eine freie Hand zur Gestaltung von bspw. Treppenhäusern und Einrichtungsgegenständen besaßen. Auch vergisst man darüber, dass Handwerker, v.a. im Rahmen von Gesellen- und Meisterprüfungen, u.a. auch an Kunsthochschulen ausgebildet wurden.

So verstellt der Begriff „Art Déco“ den Blick auf die Vorgehensweise von Handwerksbetrieben. Oftmals wurden Farbigkeiten und Design sowie Ausstattung im Hinblick auf öffentlich zugängliche Repräsentationsgebäuden vom entwerfenden Architekt vorgegeben, im Fall des Wohnungsbaus in Leipzig ist u.a. von Sachsens erstem Denkmalschützer Cornelius Gurlitt bereits Ende des 19. Jahrhunderts bekannt, wie individuell Leipzigs Handwerksmeister und Architekten bekannte Formenvorgaben an Fassaden und in Treppenhäusern verwendeten und wie abstoßend er diesen Individualismus empfand. In diesem Bezug müsste die Entstehung der Klassischen Moderne generell neu gedacht werden; wahrscheinlich bildete der eigentümliche Individualismus und eklektische Wille von Handwerksmeistern im Hinblick auf kunstepochale Zusammenhänge und ihrer Vermischung den kunterbunten Kreißsaal der Designentwicklung des 20. Jahrhunderts. Das Herabzählen von Beispielen wie der 1939 komplett zerstörten Trauerfeierhalle von Wilhelm Haller, das Gemeindehaus in Böhlitz-Ehrenberg, das von Alfred Brumme eine dekorative Innengestaltung um 1927-28 erfuhr, die Friedhofskapelle an der Meusdorfer Straße in Leipzig-Connewitz, das Gemeindehaus in Leipzig-Connewitz, die Versöhnungskirche in Leipzig-Gohlis, St. Bonifatius in Leipzig-Connewitz und das eklektisch aus verschiedenen Stilelementen und -epochen bestehende Innendekor des Hauses W. Schlobach-Pommer in Böhlitz-Ehrenberg, demonstriert wie unterschiedlich sich die künstlerischen Positionen innerhalb einer Stadt mit einer entstehenden Moderne rückkoppelten und sich als individualistisch verstanden.

Eine andere Entwicklung geben Designer wie Charles Rennie Mackintosh (England) und Josef Hofmann (Österreich) um 1900 vor.  Daher ist der beworbene Begriff „Luxusstil aus Paris“ nicht nur historisch falsch, sondern auch leider falsch definiert, und komplett unwissenschaftlich. Zu leicht setzen Begriffe wie „Art Déco“ und „Bauhaus“ Allgemeinplätze in unsere Köpfe fest, die die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Entwicklungen des Designs und Kunsthandwerks im 20. Jahrhundert unvoreingenommen, ohne Wertung und ohne Filter, erschweren. 

ART DÉCO – EIN LUXUSSTIL AUS PARIS

Bis 31.01.2022

Leipzigs Orte erzählen Geschichten – Wie es dem Rittergut in Dölitz erging

Daniel Thalheim

Wer sich heutzutage südlich von Connewitz verliert, landet meist auf dem agra-Gelände. Der Besucher ahnt nicht, dass diese sozialistisch geprägte Landschaftsgestaltung noch vor einhundert Jahren ländlich, idyllisch und dörflich sich in die Auwaldlandschaft einschmiegte. Das Wasserschloss und Rittergut von Dölitz gehörte neben der verloren gegangenen Dorfkirche zu den Lichtpunkten dieser Gegend. Nur das noch bestehende Torhaus nebst ehemaligen Wirtschaftsgebäuden und die ehemalige Schlossmühle können wir noch sehen.

Anhand von Fotos und Akten sichtbar – das Rittergut der Familien Crostewitz und Winckler

Wer sich mit dem lauschigen Ort beschäftigen will, muss in die staubigen Akten einsteigen. Nur so wird die Geschichte zum Gelände des heutigen Torhauses Dölitz deutlich. Mitte des 13. Jahrhunderts wird das Rittergut urkundlich erstmals erwähnt. Die Familie von Crostewitz richtete sich Mitte des 15. Jahrhunderts ein Renaissanceschloss ein. Um 1451 war ein gewisser Andreas von Crostewitz Besitzer des Gutes. Der Besitz ging auf seinen Sohn Thomas von Crostewitz über, der von 1501 bis 1540 das Gut verwaltete. Bis 1636 blieb das Gut in der Familie bis es im selben Jahr an den Leipziger Händler Georg Winkler (1582-1654) verkauft wurde. 1652 wurde die Familie zum Adelsstand erhoben. Sie nannten sich fortan Winckler von Dölitz. Als sie Mitte des 18. Jahrhunderts den Adelstitel Freiherr von Schwendendorff erwarben, galt die Bezeichnung Winckler von Schwendendorff. Offenbar stand die Familie mit dem „Baron“ im Namen ein Grad gesellschaftlich höher als mit einem einfachen Rittertitel. Anhand der Aktenlage können wir erkennen, dass erst ab dem 18. Jahrhundert regelmäßig Buch geführt wurde. Dementsprechend dünn ist die Aktenlage für das 15. und 16. Jahrhundert. Wir wissen aber, dass die Familie von Crostewitz durch den Dreißigjährigen Krieg in die Pleite geritten war und die Güter an die Familie der Wincklers verkaufte.
Verwaltungstechnisch war das Rittergut Dölitz reich gegliedert. Neben der dazugehörigen Wassermühle und anderen Wirtschaftsgebäuden in Dölitz verwalteten die Wincklers in Meusdorf ein Vorwerk samt Schäferei, im 18. Jahrhundert kam dort zudem noch eine Ziegelei hinzu. Im 18. Jahrhundert wurde auch die zum Rittergut gehörige Wassermühle neu gebaut. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts unterstanden auch die Rittergüter in Stünz und in Dölitz einer einzigen Verwaltungseinheit. Zum Rittergut in Stünz gehörte eine Windmühle. Weil Stünz von Dölitz aus verwaltet wurde, gehen Forscher davon aus, dass aus diesem Grund die dortigen Rittergutsgebäude vernachlässigt und abgerissen wurden. Jedoch besaß Stünz eine eigene Patrimonialgerichtsbarkeit. Sie ging mit der Übertragung auf die Dölitzer Wincklers auch auf Dölitz über. 1856 wurde die Verwaltungsgerichtsbarkeit beider Güter auf die Stadt Leipzig übertragen. Die Wincklers erhielten durch Erbgänge noch die Stadt Groitzsch im 18. Jahrhundert, sowie die Rittergüter Sellerhausen und Schönau. Bis 1927 blieb alles im Besitz der Familie Winckler. Gerda Maria Anne Helena von Winckler war die letzte Besitzerin bevor 1927 die Stadt Leipzig eingetragene Besitzerin des Gutes samt den dazugehörigen Vorwerken in Meusdorf und Stünz wurde. Gerda Winckler war die letzte Erbin des Gutes. Die eingeheiratete Ehefrau von dem letzten legitimen Erben wurde noch vor dem Tod von dessen Vater Witwe. Kinder waren also Fehlanzeige. Mit dem Ableben ihres Schwiegervaters 1918 erbte sie alles. Doch was soll eine Frau allein auf diesem Hof? Neun Jahre hielt sie es dort aus und veräußerte das Rittergut für 1,25 Millionen Mark an die Stadt Leipzig.

Schloss, Hofseite, Foto: Richard Herold, 1940. Copyright: SLUB Dresden, Deutsche Fotothek.

Was vom Schloss übrigblieb

Nur anhand von Fotos können wir uns am Anblick des einstigen Wasserschlosses ergötzen. Wahrscheinlich geht das einstige Renaissanceschloss auf eine im 13. Jahrhundert errichtete Wasserburg zurück. Nach dem Verkauf des durch Krieg und Verarmung heruntergekommenen Rittergutes an die Rats- und Händlerfamilie der Wincklers Mitte des 17. Jahrhunderts erfuhr der Komplex einen erneuten Umbau in eine drei Etagen umfassende Vierflügelanlage mit Innenhof. Bis zu seiner Beschädigung im Zweiten Weltkrieg war das hohe Dach des Hauptflügels samt Dachreiter mit barocker Haube weithin sichtbar. Durch den Luftdruck und die Splitter einer im Februar 1944 niedergegangenen Sprengbombe wurden die Gebäude beschädigt. Bis zu diesem Zeitpunkt nutzte die neue Besitzerin, die Stadt Leipzig, das Gut samt Schloss als reformpädagogische Freiluftunterrichtsstätte und während des Krieges als Kindergarten. Wie groß die Beschädigungen tatsächlich waren, lässt sich derzeit nicht verifizieren. Offenbar gab es nach dem Zweiten Weltkrieg durchaus Bemühungen das Schloss zu erhalten und die vielleicht überschaubaren Zerstörungen durch Wiederaufbauarbeiten rückgängig zu machen. Wahrscheinlich ist, dass aus politischen Gründen das Schloss in den 1950ern dem Abriss freigegeben wurde. Offenbar waren die „politischen Gründe“ ein vorgeschobener Grund, weil eine benachbarte Gärtnerei Baumaterial benötigte und das Schloss u.a. aus diesem Grund ein jähes Ende erfuhr.

Offenkundig wurde das Schloss nicht 1947 gesprengt und abgetragen. Dieses Foto eines unbekannten Fotografen stammt von 1953. Copyright: SLUB Dresden, Deutsche Fotothek.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden lediglich Torhaus und noch bestehende Wirtschaftsgebäude wie die Wassermühle weitestgehend erhalten. Erst nach der Wiedervereinigung 1990 kam Bewegung um eine Renovierung ins Spiel. Heute ist im Torhaus das Leipziger Zinnfigurenmuseum untergebracht. An der Fassade des Torhauses können wir durch stecken gebliebene Kanonenkugeln noch sehen, wie hart umkämpft das während der Völkerschlacht zu Leipzig 1813 als französische Truppenlager genutzte Rittergut war. Als in den 1950er und 1960er Jahren der agra-Park entstand erfuhr auch die Anlage des Rittergutes eine Veränderung. Das Schloss verschwand. Heute blicken wir auf eine reichhaltige Nutzung des einstigen Rittergutareals für Kurzausflüge, Gastronomie und Arboretum samt Lehrpfaden. Neben der kulturell genutzten und restaurierten Wassermühle, auf deren mit Fachwerkhäusern gesäumten Areal einen kleinen Weihnachtsmarkt in der Adventszeit beherbergt, finden hier v.a. im Rahmen des Wave Gotik Treffens regelmäßig Mittelaltermärkte mit elektrisch geladener Bühnenmusik statt. Auch während der jährlich stattfindenden Völkerschlachtsgedenkveranstaltungen wird das Gelände als Biwak und Aufmarschplatz genutzt. Das Areal des ehemalige Schlossgutes ist außerdem auch wegen des Goethesteigs und den historischen Verweisen auf einen Aufenthalt des Dichterfürsten Goethe um 1800 ein beliebtes Ausflugziel für Touristen und Familien. Leider steht zur Debatte, das Gebäude des ehemaligen Gutsverwalters abzureißen obwohl es sanierbar wäre und einer Umnutzung für an Kinder orientierte Kulturprojekte neue Räumlichkeiten geben könnte.

Beitragsbild im Titel: Schloss Dölitz, Foto: Johannes Mühler um 1930, Copyright: SLUB Deutsche Fotothek.

Kirchen erzählen Geschichte – Die zerstörte Erlöserkirche von Leipzig-Thonberg

Daniel Thalheim

Wenn wir uns in die Geschichte zurück ins Jahr 1867 bewegen und im Leipziger Vorort Thonberg stehen würden, befänden wir uns in einem Dorf. Genauer gesagt in einem nur aus wenigen Häusern bestehenden Vorwerk. Damals war Thonberg noch nicht eingemeindet. Wahrscheinlich hätten wir noch Spuren der Völkerschlacht vorgefunden, oder zumindest Geschichten aus erster Hand gehört. Würden wir zur heutigen Kreuzung Riebeck-/Stötteritzer Straße gehen, stünden wir ungefähr an der Stelle, wo bis 1943 die Erlöserkirche von Hugo Altendorff errichtet war. Genauer gesagt stand sie damals ungefähr auf dem Gelände wo seit ca. 1990 eine Mittelschule genutzt wird.

Vom Dorf zum Stadtteil

1867 war nicht viel los in Thonberg. Wir könnten zum neu eingerichteten Neuen Johannisfriedhof gehen, der sich am Hospitaltor unmittelbar anschloss und seit Anfang der Achtzigerjahre des 20. Jahrhundert zum Friedenspark umgewandelt wurde. Wir könnten im Johannistal den Alten Jüdischen Friedhof aufsuchen sowie die Alte Sternwarte. Und wir könnten die private Heilanstalt für Geisteskranke von Eduard Wilhelm Güntz erblicken. Vielleicht hätten wir noch die Überreste der alten Getreidemühle von Thonberg gesehen, die noch im 18. Jahrhundert im Betrieb war. In der heutigen Schulgasse steht noch eine alte Schule aus den 1850er Jahren. Doch die Industrialisierung brach sich auch hier in der Gegend von Reudnitz und Thonberg Bahn; erste Verdichtungsprozesse können wir anhand der in den Stadtplänen verzeichneten Zeilenbebauungen um 1870 erkennen. Auch Firmenansiedlungen häuften sich zusehends. Wie in anderen im lauschigen Grün gelegenen Vororten von Leipzig auch, zog auch im südöstlichen Teil der Leipziger Umgebung der Mief von rauchenden Schloten und Eisenbahnen ein. Noch hätten wir den Eilenburger Bahnhof nicht sehen können, der entstand erst nach 1870 im neo-klassizistischen Stil. Doch Leipzig wuchs. Die Einwohnerzahl nahm schnell zu. Die Entwicklung sollte weiter anhalten. Auch nach der Eingemeindung der Stadtteile Reudnitz und Thonberg in das heutige Stadtgebiet von Leipzig Ende des 19. Jahrhunderts sollte sich immer wieder das Gesicht dieses Viertels verändern; sei es durch Kriegszerstörung oder durch die Stadtplanung in der DDR. Noch heute ändert sich das Gepräge dieses Gebiets zusehends. Am ehemaligen Hospitaltor am Eingang zum Johannistal entstehen aus den Rümpfen des ehemaligen Technischen Rathauses neue Wohnungen.

Der Grundriss der Thonberger Kirche von Hugo Altendorff, 1867, aus: Christliches Kunstblatt, 13/1871.

1867-1945 – Die Thonberger Kirche von Hugo Altendorff


Weil 1865 sich die Kirchengemeinden von Thonberg und das entlang der heutigen Prager Straße entstehende Neu-Reudnitz zu einer Parochie zusammenschlossen, stand dem Bau einer neuen Kirche (Beitragsbild oben zeigt einen Stich nach den Entwürfen von H. Altendorff) nichts im Weg. Knapp 27.000 Taler kostete das Bauwerk. Viel Geld für die kleinen Gemeinden. Und doch war das Bauwerk sehr günstig kalkuliert. Die Thonberger Kirche gilt als Altendorffs erstes Bauwerk, das er nach seinem Studium u.a. an der Sächsischen Königlichen Baugewerbeschule in Leipzig plante. Allein schon wegen der Bevölkerungszunahme in den Vororten und den unter Druck geratenen Wohnungsbau ließ den Bau einer Kirche im werdenden Stadtteil Thonberg für notwendig erachten.

Blick zum Altar und Apsis, Aufriss v. H. Altendorff 1867, aus: Christliches Kunstblatt, 13/1871.

Die Gegend war arm. Handwerker und Arbeiter bildeten die größte Bevölkerungsgruppe in Thonberg-Reudnitz. Daher wurde ein Kommitee eingerichtet, aus mehreren Gemeinden Geld für die Errichtung der Thonberger Kirche zu sammeln. Aufgrund der Kostenfrage entschied sich die Gemeinde für ein einfaches Gotteshaus, bzw. folgte dem Vorschlag des Architekten möglichst schnörkellos vorzugehen. Solide sollte das Bauwerk sein und doch ästhetischen Ansprüchen genügen. Eintausend Sitzplätze sollten vorgesehen werden.
Im Grundriss entstand so eine dreischiffige Hallenkirche, deren rundbogige Kreuzgewölbe von sechs schlanken achteckigen Pfeilern getragen wurden. Das Mittelschiff war höher und breiter als die beiden Seitenschiffe. Der Altarraum wurde massiv überwölbt und folgte in der Höhe der des Mittelschiffs. Auf den Seitenschiffen ruhten die auf Eisenträgern errichteten hölzernen Emporen. Über dem Haupteingang mit Vorhalle erhob sich die Orgelempore. Im Osten befand sich eine Apsis. Den Altarraum flankierten zwei private Kapellen sowie ein Taufbereich. An der Westfront am Haupteingang erhob sich ein Kirchturm, wo auch das Geläut die Gläubigen zu den Gottesdiensten rief.

Das Äußere nach den Plänen v. H. Altendorff 1867, aus: Christliches Kunstblatt 13/1871.


Altendorff folgte in der äußeren Gestaltung einem spätromanischen Stil, was sich an horizontalen Gesimsen und Rundbogenfriesen niederschlug. Neben weißem Kalkputz an den Fassaden war das Design bzw. die Farbigkeit der Kirche von weißem Sandstein geprägt, wobei der Sockelbereich aus einer Bruchsteinmauerung aus Granit bestand. Einen Ziegelrohbau bzw. eine Sandsteinverblendung zu planen, wäre aus Sicht des Architekten zu teuer gewesen. Das Dach erhielt eine englische Schablonenverziegelung aus roten und blauen Dachziegeln.
Auch die Inneneinrichtung folgte dem Prinzip weniger ist mehr. Die hölzernen Einbauten blieben in ihrer Natürlichkeit, lediglich die Bestuhlung wurde dunkelbraun angestrichen. Über die Farbigkeit der Wandflächen gibt uns der Architekt keine Auskunft. Nur von einer edlen Farbharmonie und sinnigem Dekor ist die Rede. Blicken wir in die Aufrisszeichnungen der Kirche, so ist zumindest das Gewölbe des Altarraums mit einem Sternen-, bzw. Kreuzmuster versehen worden. Über den Türstürzen sah der Architekt Bibelsprüche vor. Der Chorbogen erhielt die Worte: „Eine feste Burg ist unser Gott“.


Die Fenster an beiden Langseiten erhielten ein schmiedeeisernes Sprossenwerk und eine in Blei eingefasste Buntverglasung aus Rot, Gelb, Grün und Blau. Die Chorfenster bemalten Handwerker mit christlichen Ornamenten und Symbolen. Die Innenausstattung aus Altarstein, Kruzifix, der Lehrpult, Leuchter und Taufstein sind Geschenke von Gemeindemitgliedern bzw. ihrer Freunde gewesen. Die Kanzel gestaltete Altendorff selbst.
Der Baubeginn der Kirche erfolgte noch im November 1867 mit der Errichtung der Grundmauern. Im Frühjahr 1868 setzten die Handwerker die Arbeiten fort. Im April desselben Jahres erfolgte die Grundsteinlegung. Zum 1. August 1868 war der Turm – im übrigen durch eine wohltätige Sende in Höhe von 5500 Talern – fertig gestellt, am 12. September auch das Dach. Bis zum 1. Juni 1869 erfolgten Arbeiten an der Innenausstattung, so dass die Kirche an die Gemeinde am 25. Juli 1869 übergegeben und das Gotteshaus eingeweiht werden konnte. Nicht nur die Turmspende war ein glücklicher Zufall, der zur Realisierung des Bauwerks führte. Auch 40 Tonnen Zement einer Zementfabrik in Stettin gingen als unentgeltliche Lieferung im Bau auf. Die gemalten Chorfenster, die Glocken und die Orgel waren ebenfalls Geschenke von Freunden der Thonberger Gemeinde.

73 Jahre stand sie am heutigen Kreuzungsbereich Riebeck-/ Ecke Stöteritzer Straße. Ein durchschnittliches Menschenleben lang. In der Bombennacht vom 4. Dezember 1943 wurde die Thonberger Kirche, die nach ihrem Umbau in den 1880er Jahren als „Erlöserkirche“ bekannt war nahezu vollständig zerstört. In den Folgejahren erfuhr die Kirche ihren Abriss. Eine Rekonstruktion war aufgrund der starken Schäden nicht möglich.